I.II.16: Nachdem wir die beiden
ersten Gattungen der dritten Stufe kennengelernt haben, folgt nun die dritte,
die Gattung der Landtiere, - "die
in bezug auf Sinneswahrnehmung und Bewegung dem Menschen umso mehr ähneln,
je später sie erschaffen sind. Hinsichtlich des Denkvermögens
aber übertrifft er sie überhaupt alle, da sie nichts Derartiges
besitzen.. Aber was werden wir vom Affen sagen?
Gen 3,21 dient Gerhard Mercator lediglich dazu, das vorhergehende Argument (vom Tod der Tiere) auch angesichts eines möglicherweise nicht-sündhaften Lebens im Paradies {d.h. ohne den Fall der Stammeltern) zu stützen: Das Beschaffen der ersten Kleidung nach dem Sündenfall war kein creare mehr, sondern allein ein fabricare, denn Gott hatte zu diesem Zeitpunkt sein Schöpfungswerk längst abgeschlossen. Da selbst noch in der Auflage von 1606 der Druckfehler "Gen 2" für "Gen 3" enthalten ist, haben sich an ihn völlig leerlaufende Spekulationen theologischer Art geknüpft. Der letzte Satz des Kapitels aber lautet (korrekt): "Et Gen.3.V.21 fecit Deus Adae & vxori eius tunicas pellicas, quas mortua animalia procul dubio dederant, cessauerat enim Deus iam antea creare". Mit dem mosaischen Zitat bringt Gerhard Mercator den DreiEinenGott nicht als Schöpfer - die Erste Person - sondern als Erhalter - die Dritte Person - ins Spiel, - von dem er dann noch im nächsten Kapitel handeln wird. Es wird damit am relativen Ende seiner Gedankengänge - wieder einmal - deutlich, daß Gerhard Mercator in seinen Kosmographischen Gedanken nicht die - dem nächsten Kapitel vorbehaltene - Menschenschöpfung thematisiert, sondern allein die Weltschöpfung, zu der allerdings - notwendigerweise - der "Aufstieg" und der Fall Adams hinzugehört: Ohne die Sünde der Stammeltern am Morgen der Menschheitsgeschichte wäre die Wirklichkeit des Wortes - die Zweite Person - hinfällig gewesen. Und diese Wirklichkeit wird Gerhard Mercator als "die zweite [!] und untergeordnete [!] Absicht des Schöpfers" im letzten Kapitel herausstellen. Das 17.Kapitel Von der Erschaffung des Menschen und der obersten und hauptsächlichen Bestimmmung der Schöpfung ist das erste Kapitel, das 1607 ganz von der Römischen Inquisition moniert wurde: 6.diei deleatur totum - erst die Spanische Inquisition: möchte 1640 und noch 1667 das ganze erste Buch der Kosmographie Mercators (I.I & I.II, d.h. die Kosmographischen Gedanken in ihrer Gesamtheit) indiziert sehen. Die Großartigkeit der Mercator'schen Schöpfungsinterpretation, ihr durchgehender Schöpfungsoptimimus, ihr "großer Glaube" sowie ihre "starke" Auslegung des göttlichen Sabbats bei der Frage nach der Herkunft der unsterblichen menschlichen Einzel-Seele (CD) müssen den klein-gläubigen Franziskaner Brasichellen, römischer Inquisitor, wahrlich zur Verzweiflung gebracht haben. Aber - so Mercator - : Warum sollte der DreiEineGott in seiner weisen und so machtvollen Vorsehung dem Ziel all seiner Schöpfungswerke - dem Menschen - nicht die weiterzeugende Gnade und Kraft der vernunftbegabten Seele mitgegeben haben? Wird das 18.Kapitel Der Sündenfall Adams auch im wesentlichen von der Inquisition nicht beanstandet, so gefällt dem Franziskaner Brasichellen aber keineswegs der Schlußgedanke zur Frage der Natur der Erbsünde: deleatur usque in finem. Der Franziskaner sieht Gerhard Mercator hier weniger als Adept der augustinisch-orientierten Brüder vom gemeinsamen Leben, deren Erziehung in 's-Hertogenbosch augustinisches Denken tief in die Seele des jungen Mercator eingepflanzt haben mag, als vielmehr die ihn mit seinen Zeitgenossen Luther, Calvin und auch - wenngleich anders - Zwingli verbindende Radikalität seines Ansatzes von der Erbsünde als eines wirklichen Übels. Daß er sich aber dabei auf den hl. Paulus und auf den hl. Augustinus beruft - d.h. berufen kann - sieht der Inquisitor nicht, - vermutlich will | kann er Mercators Position auch nicht "gut"heißen wegen der reformatorischen: Bewegungen des Zeitalters, die in diesem Denken durchschimmern.Da Gerhard Mercator gerade über das unglückselige Geschehen im Paradies handelt, glaubt er den Leser noch auf etwas anderes aufmerksam machen zu müssen: "Was das Paradies betrifft, wo es lag und welches seine Flüsse waren, werde ich in der alten, neugestalteten Geographie darlegen" (de paradiso, vbi fuerit, & quae eius flumina, in veteri geographia restituta demonstrabo). Ich habe 1994 darauf aufmerksam gemacht, daß schon in der Asia III - Karte der Ptolemäus-Ausgabe von 1578 die Lage des Paradieses (in 69°24'O|34°24'N gelegen) beschrieben ist. Mir scheint heute - anders als damals - aus dieser Texstelle nicht mehr schlüssig zu folgen , daß (mindestens) das Kapitel 18 vor der Herausgabe des Ptolemäus-Kartenwerkes geschrieben worden sein müßte, um diese Schlußbemerkung sinnvoll interpretieren zu können. Meine erst in den Jahren nach dem Mercator-Jahr 1994 erfolgte Analyse des Atlas-Stammbaumes hat mir dreierlei gezeigt: (1) daß Walter Ghim, Gerhard Mercators Nachbar in Duisburg und ersten Biograph, in dem Satz seiner Biographie"... animum ad instaurandas et a mendis repurgandas Claudii Ptolemaii ... olim editas tabulas adiecit veteremque geographiam ad mentem autoris tanta diligentia restituit ac emendavit, ut ..."die beiden - getrennten - Editionen ineins setzt, wenn er im nächsten Satz sagt, daß Gerhard Mercator das mit so großer Mühe abgeschlossene Werk 1587 herausgebracht hätte: "Huic labori operique colophonem addidit atque imposuit anno 1587", und daß
Das letzte Kapitel I.II.19
der Kosmographischen.Gedanken
- in Gänze schon von der Römischen Inquisition gestrichen
- spricht davon, daß der DreiEineGott - die Sünde des
Menschen voraussehend (praeuidit)
- "ein Mittel bestimmte, durch das der Mensch
- frei von Sünde - in seinen früheren Stand zurückversetzt
werde und durch das die erste Schöpfungsbestimmung [trotz
des Sündenfalles der Stammeltern] Erfolg
habe: Gott versprach, sein Sohn werde Fleisch annehmen, um für die
Sünde Adams, durch die alle [Menschen]
seit ihrer Erzeugung gefangen waren [und sind],
zu sühnen und den Beistand des Heiligen Geistes wiederzuerlangen,
damit jener [der Mensch, das Menschengeschlecht]
durch dieses ihm gegebene Versprechen mit derselben Bestimmung wie vorher
das ewige Leben erlange."
Die Meditationen Mercators enden mit dem großartigen Ruf des hl. Paulus, der "wegen seines Kampfes mit dem menschlichen Geist ausruft: Ich unglücklicher Mensch! Wer wird mich aus diesem - durch die Sünde - dem Tod verfallenenen Leib retten? Ich danke meinem Gott durch Jesus Christus." (Röm 7,24-25a)und Gerhard Mercator fügt - als Ausdruck seiner christlichen Gesinnung - hinzu: "..., den der Vater als Erlöser gab, und durch den Geist, seinen Beistand, bis die Sünde im Tod der Fleisches völlig vernichtet wird."Ipse teste, er selbst bezeugt es, und nicht sein alter ego, das gleichwohl als Symbol (als Ein-Wort-Metapher) ein großartiges Lebenswerk in sich zu fassen vermag.
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