Secundus dies incipit : Der Zweite Tag beginnt
Der Text zum Zweiten Tag umfaßt die beiden Kapitel I.II.8 und .9.

I.II.8 De coelo

nimmt die Erklärung und Ableitung des kosmisch-diffusen Lichtes des Ersten Tages - aus dem 'Wasser' - auf: "es ist sicher, daß dieselbe Lichtsubstanz, die den [ersten] Tag gebracht und die Kreisbewegung erlangt hat, an diesem [zweiten] Tag zum 'Firmament' gemacht wurde". Die aus dem CHAOS verdunstete Luft - förmlich zu einer lichtvollen Essenz 'herausgekocht'  - versammelte sich einerseits, um es wieder Tag werden zu lassen, sie war aber anderseits zuvor über / um die ganze Welt verstreut und wie ein Segel ausgespannt worden, und Gott wollte, daß mit diesem 'Firmament' die Festigkeit und Unveränderlichkeit, aber auch die Unzerstörbarkeit des 'Über-Himmlischen' - des Feuer-Himmels = empyreum - zum Ausdruck kam: "damit es eine immerwährende Hilfe und Stütze für die vergänglichen Dinge sei." 

Das Ergebnis des Vierten Schöpfungstages vorwegnehmend, spricht Gerhard Mercator die Struktur des planetaren Systems an, daß sich unterhalb des Feuerhimmels zu bilden beginnt: 

Der Sonne werden Merkur und Venus zur Unterstützung ihrer "zeugenden Kraft" beigegeben, und "auf die gleiche Weise sind der Mond und die Sterne vom Beginn der Erschaffung des Lichtes an gemäß dem Bedürfnis ihrer eigenen Pflicht alle in ihre Kreise versammelt und schließlich am vierten Tag vollendet worden."
Hier ist der Ort, auf den Fortschritt Gerhard Mercators über seine Astronomie von 1563 (dokumentiert in der "Schulschrift" seines Sohnes Bartholomäus) hinaus zum 1.Vivianus-Brief von 1573 aufmerksam zu machen: 

In diesen 10 Jahren schreitet seine Einsicht von einer rein ptolemäischen Auffassung des planetarischen Systems - die z.B. noch Zeit seines Lebens von Gemma Frisius vertreten worden ist - zu einer eingeschränkt copernicanischen Sicht des Weltalls fort. Daß er nicht zu einer "reinen" copernikanischen Weltsicht fortschreitet, liegt wohl darin begründet, daß

einerseits seine biblisch-festgemachte Weltsicht es ihm nicht erlaubt, die Erde aus dem Zentrum des Universums herauszurücken und 
andererseits seine stoisch-kabbalistisch-unterstützte Sympathia-Lehre es ihm verwehrt, die Sonne als das Zentrum der Wirkungsräume der anderen Planeten anzusehen: Wie hätte sich diese Verschiebung des Mittelpunks des Weltalls auf die anderen 'Himmel' ausgewirkt? Und eine intuitiv-einsichtige (astrologische) Illuminationstheorie (Radiation) wäre für ihn wohl unmöglich geworden.
Vergleiche: Astrologie im Umfeld Gerhard Mercators (CD).

In der Folge der von Gott "mit Freude und Eifer" gewollten Zuneigung des Oberen zum Niederen bezieht Gerhard Mercator hier auch wieder die für ihn charakteristische Position "in Sachen Astrologie":

"daß [nämlich] der Himmel und jeder einzelne Stern durch die je eigene Bewegung dem Menschen und wegen des Menschen auch der ganzen Kreatur dienen ...
Deshalb halte ich [!der Autor (auch)] das für äußerst absurd, was die Astrologen über die Schlechtigkeit des Saturn und des Mars sich einreden." 
Darüber anderer Stelle (CD).
Es ist bemerkenswert, wie Gerhard Mercator in seinen Meditationen Über den Himmel wiederum von der unbezweifelbaren Güte und Vorsehung Gottes theologisch "Gebrauch"  macht: 
Einerseits: Es hieße, die Weisheit und Macht des DreiEinenGottes herabzusetzen, nicht zu glauben, daß er das CHAOS - IM ANFANG - nicht so geschaffen habe, daß es geeignet ist, alles - aber auch wirklich Alles - aus sich hervorgehen zu lassen. 
Andererseits: Die Neigung des Unteren unter sich selbst wie die von Gott "mit Freude und Eifer" gewollte Zuneigung des Oberen zum Unteren wäre überhaupt nicht zu verstehen, wäre nicht alles aus einer sich selbst-differenzierenden einheitlichen Materie heraus entstanden.
E contrarie: Wenn man das Gegenteil zugestehen würde, 
"welche Verbindung zwischen dem Himmlischen und dem Elementaren hätte es [denn anders] bezüglich ihrer Naturen geben können? 
Welchen Einklang? 
Würde das nicht bedeuten, die gesamte [erkennbare] Ordnung der Dinge zu verwirren und das Ziel Gottes in seiner eigenen Schöpfung umzustürzen?"
Quod non.

Und wiederum: 

Diese Rede in ihrem contra! verantwortet der Autor selbst, kein Stellvertreter.


I.II.9 De aquis supercoelestibus & creatione Angelorum

ist der erste - ausschließlich - theologische Exkurs im Umfeld des SechsTageWerkes. Sein Inhalt ist zwar im ZweitenTagText mit-gesetzt, aber z.B.(1) von den 'überhimmlischen Wassern' gibt es eigentlich keine (strukturierende) - wie Gerhard Mercator sagt - 'offene Erwähnung' = " nusquam aperta mentio" - außer Gen1,7, Psalm148,4 und beim apokryphen Esra4,41. 

Von der Erschaffung der Engel ist ebenfalls in den heiligen Texten des Moses keine Rede, um so mehr muß hier der theologische Sinn erschlossen werden, den auch der Heilige Geist nicht deutlich enthüllt. 

(1) Legt man die Reihenfolge der Erscheinungen gemäß Ps148 zutreffend aus, so kann 
- unter der Voraussetzung, daß alles, was bisher nach der Bewegung der 'Wasser' und der Erschaffung des Lichtes gemacht - d.h. aus den CHAOS ausgeformt - und infolge der Verdünnung und Vollendung nach 'oben' gebracht und an seinem Ort befestigt worden ist -
nicht bezweifelt werden, daß man - wenn man in derselben Reihenfolge fortfährt - sozusagen in der äußersten Verdünnung und Verfeinerung bei apostrophierten 'überhimmlischen Wassern' angekommen ist. 

(2) Braucht man sich eigentlich nicht über den Ursprung und das Ziel der ''überhimmlischen Wasser' Gedanken zu machen: 

- Moses gibt den frommen Geistern mit seiner Erwähnung eigentlich nur Gelegenheit, an etwas Höheres zu denken, um darin Gottes Weisheit und unerklärliche Macht zu bewundern -
so sind über ihr Wozu? doch einige Worte mehr zu verlieren: 
Und nun sagt Gerhard Mercator genau das, was auch Thomas von Aquin schon angedeutet hatte: "Probabilius creati sunt in coelo empyreo (S.Th.q.61,a.2,3; q.50), ex quibus [den überhimmlischen Wassern = Empyreum] angelos creatos esse verisimillimum", und das IV. Lateran-Konzil bestätigt, daß "Angeli creati sunt non ab aeterno." (Über die inquisitorische Kritik des Brasichellen siehe die betreffende Anmerkung (CD).)