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Über den Ursprung der
unsterblichen Seele
bei Gerhard Mercator
|
ODER
Ist Gerhard Mercator ein Traduzianist?
Über den Ursprung der unsterblichen Seele in einem jeden Menschen
haben sich schon sehr früh die Väter der christlichen Theologien
geäußert.
.
1 Als die wohl älteste
Äußerung kann die des Tertullian (um
160-nach 220) angesehen werden, die sich u.a. auch Gregor
von Nyssa (331-um 394) in seinem
Dialogus
de anima & resurrectione und Anastasius Sinaita (er
"blühte" in der 2.Hälfte des
7.Jhs)
in seiner Expositio compendiaria orthodoxae
zu Eigen machten: Die (unsterbliche) Seele entsteht danach zusammen
mit dem Körper im Vorgang der Zeugung, in dem der gröbere
semen
corporis und der feinere semen animae
wie der Lehm und der Odem bei Adams Erschaffung zusammenkommen:
cum
igitur in primordio duo diversa atque divisa, limus et flatus [alterum
manus dei, alterum flatus [dei] - sagt er an anderer Stelle], unum
hominem coegissent, confusae substantiae ambae iam in uno semina quoque
miscerunt atque exinde generi propagando formam tradiderunt.
Im Sabbat des siebten Tages läßt Gott - der Vater
- seine einmalige Schöpfungsmacht ruhen, so daß angenommen werden
darf, daß alles - auch die unsterbliche Seele - in der ursprünglichen
Schöpfung "keimhaft" - so Tertullian - angelegt ist.
Wie für Gerhard Mercator gehört die unsterbliche Seele
für
Tertullian zum vorausschauenden "rettenden" gnadenhaften
Handeln Gottes derart, daß in der Verwandlung des göttlichen
Geistes zum "Hauch" die Entstehung der Einzelseele dem natürlichen
Leben des Menschen anheimgegeben und also mit in die Zeugung hineingenommen
ist.
Nach Gerhard Mercator ist es die erste Gnadentat Gottes,
mit seinen "Hauch" den Menschen über alle - anderen - Geschöpfe
(ausgenommen die Himmlischen Heerscharen) gestellt zu haben. Und es ist
wiederum dem Vorwissen Gottes über den Sturz Adams gemäß,
gleichzeitig ein Mittel bestimmt zu haben, durch das der Mensch - nach
dem Sturz Adams - in seinen früheren Stand wieder eingesetzt
werde: Gott versprach, sein Sohn werde Fleisch annehmen,
um für die Sünde Adams, durch die alle seit ihrer Erzeugung gefangen
waren, zu sühnen, Gott den Vater zu versöhnen und den Beistand
des Heiligen Geistes wiederzuerlangen, damit jener durch dieses ihm gegegebene
Versprechen mit derselben Bestimmung wie vorher das ewige Leben erlange.
Da somit das Seelenvermögens des Menschen von seiner Wurzel her (tradux:
die Weinranke, die weitergezogen und damit fortgepflanzt wird) als Adams
Ableger (surculus) beschrieben wird, wird
Tertullians
Ansicht als "Traduzianismus" bezeichnet. Die Verknüpfung mit seiner
Erbsündenlehre ist augenscheinlich: Unter dem Stichwort des Traduzianismus
aber lassen sich zwei Überlegungen zusammenführen: einerseits
die (theologische) Lehre von der Erbsünde, andererseits die (philosophisch-anthropologische)
Lehrer von der Zeugung (generatio) der Einzelseele
durch die Fortpflanzung der menschlichen Art. Da Tertullian die
Einheit von Leib und Seele - im weitesten Sinne - betont, ist für
ihn eine gegenteilige Lehre - sei sie kreationistisch, sei sie präexistentianistisch
- ausgeschlossen:
Im siebten Kapitel seiner Abhandlung Über
die Auferstehung des Fleisches besteht er darauf, daß
Gott nicht nachlässiger ist als der Mensch, der seine Edelsteine kostbar
einfaßt: Man könne daher (nur) zweifeln, ob der Leib Träger
der Seele oder umgekehrt die Seele Träger des Leibes sei - so eng
sei die Verbundenheit von Leib und Seele. Der Vorrang der Seele beruht
allerdings darauf, daß sie Gott näher verwandt ist als der Leib.
Dieser nimmt in dieser Verbindung an der Würde der Seele teil: er
ist ihr
consors (Gefährte) und coheres
(Miterbe). "Fleisch" - man hört Paulus - ist eben mehr
als Fleisch, es ist der ganze Mensch, Leib und Seele in einem. Heinrich
Karpp [1] faßt daher das Problem Tertullians
dann auch treffend zusammen: "Weil aber Tertullian
die Einheit
[von Leib und Seele]
so stark betont, daß auch der Rangunterschied zwischen Seele und
Leib nur gering ist, würde eine bei jedem Menschen neue Zusammenfügung
eines fortgepflanzten Leibes mit einer neu geschaffenen oder präexistenten
Seele seiner Anschauung von der Ganzheit des Menschen zu wenig entsprechen.
Sein Anliegen befriedigt der Traduzianismus am besten."
2Dieser Auffassung setzte
wenig später
Origines (185-um 254)
seine präexistentianische gegenüber. Seine Lehre von der spiritualistisch-überzeitlichen
Schöpfung der Seele im ANFANG des göttlichen Schöpfungswerkes
hat im vierten Jahrhundert mehrere Ausprägungen erfahren
- selbst an einem Schriftbeweis hat es nicht gefehlt. Johannes
9: Die Heilung eines Blinden, lautet
wie folgt an: "1Unterwegs sah Jesus einen
Mann, der seit seiner Geburt blind war, 2Da
fragten ihn seine Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst?
Oder haben seine Eltern gesündigt, so daß er blind geboren wurde?3Jesus
antwortete: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt ..."
- ,
die aber alle auf der Synode von Konstantinopel 553
verdammt wurden.
3Wie schwer den Vätern
in ihren (psychologisch orientierten) Anthropologien die Entscheidung nach
der einen oder anderen Seite fiel, läßt sich am Beispiel des
hl.
Augustinus (354-430) erfahren:
Nachdem Augustinus einige Zeit den Präexistentianismus favorisiert
hatte, ließ er in seiner späteren Lehre von der Erbsünde
von ihm wieder ab und neigte einer aufkommenden "mittleren" Lehre, dem
"Kreationismus", zu, ohne ihn doch in Gänze zu übernehmen, denn
in seinen diesbezüglichen Äußerungen (z.B. in dem Text
Über
die Seele und ihren Ursprung, in seiner Abhandlung Gegen
Julius II,178,
wie
in seinem 190. Brief) versucht er die
Mitwirkung der elterlichen Seelen auf die Schaffung der Kindseele mit ins
Spiel zu bringen.
4 Eine derartige "materielle"
- traduzianistische - Mitwirkung wird im Kreationismus ausgeschlossen:
Gott schafft die Seele in Zeugungsakt gewissermaßen "im punktuellen
Beiher" und pflanzt sie dem neuen Menschen ein.
In den Stromateis V,14,94,
den "Teppichen" des Clemens von Alexandrien (140/150-vor
215), finden sich derartige Überlegungen offenbar - wenn
auch noch undeutlich anformuliert - zum ersten Mal.
Ihre "klassische" Ausprägung erfuhr die Lehre des Kreationismus durch
Thomas
von Aquin (1225-1274) in seiner
Theologischen
Summe (s.th. I, q.90 a.2 (mit Verweis auf q.75 a.5);
q.118 a.2).
5 Da der Einfluß
des
Augustinus auf die Reformatoren des 16.Jahrhunderts hinsichtlich
der Erbsündenlehre als durchaus beträchtlich anzusehen ist, wird
die Neigung etwa von
Martin Luther (1483-1546)
(Weimarer Ausgabe 39/2, 341,348ff)
oder Philipp Melanchton (1497-1560)
(im Corpus reformatorum 13, 17f) verständlich,
mit Hilfe eines traduzianistischen
Anteils die Lehre von
der Erbsünde zu begründen.
6 Ganz anders dagegen Gerhard
Mercator in seinen Kosmographischen Gedanken.
Er vertritt - dem ersten Anschein nach - eine
-
radikale kausal-traduzianistische Theorie
von der Erschaffung der Einzelseele im Akt der Zeugung in christlich-schöpfungsoptimistischer
Elternschaft
mit Anteilen
-
sowohl des Präexistentianismus
-
als auch des Kreationismus.
.
Gerhard Mercators Überlegungen wollen die Kausalität
im Werden der unsterblichen menschlichen Seele ad
scopum creationis hominis - im Hinblick auf das eigentliche Ziel
und den eigentliche Zweck der Schöpfung des Menschen - verstehen und
damit erklären:
6.1 Ferner
gibt es aber im Menschen etwas viel Edleres, das die Würde aller Geschöpfe
übersteigt, und zwar die vernunftbegabte Seele, der zufolge er auf
eine Ähnlichkeit hin und als Abbild Gottes gebildet ist. Da der Mensch
entsprechend seiner Beschaffenheit ein vernunftbegabtes Wesen ist und den
Segen empfing, zu wachsen und sich zu mehren - freilich nach der Zeugungsfähigkeit
seiner Gattung - , ist nicht zu bezweifeln, daß er auf Grund
dieses Segens auch die Macht erhielt, eine vernunftbegabte Seele zu erzeugen,
die der besondere Teil seiner Gattung ist. Die Seele braucht daher nicht
in jedem einzelnen Menschen von Neuem erschaffen zu werden, da Gott
am siebten Tag vom ganzen Schöpfungswerk abließ und den Sabbat
beging. |
Porro nobilius quiddam multo in homine, quod
omnium creaturarum dignitatem excedit, nimirum anima rationalis, secundum
quam ad similitudinem & imaginem Dei conditus ist, et quia homo secundum
substantiam est animal ratione, & benedictionem accepit vt crescat
& multiplicetur, generatione vidilicet suae speciei: non est dubium,
quin ex ea benedictione, etiam generandi animam rationalem, potentiam acceperit,
quae praecipua est speciei pars, quam in singulis hominibus de nouo creari
minime convenit, cum 7.die Deus ab omni creationis opere cessauerit, &
Sabbatum egerit |
Entscheidend ist - hier wie anderswo bei Gerhard Mercator - der
Gesichtspunkt des Schöpfungsoptimismus, der aus einer "starken" Interpretation
der Ruhe Gottes am Sabbat der Schöpfung folgt:
6.2
In diesem - unteren - Teil der Welt gibt es bis heute Reste
jener Materie, aus der die himmlischen und überhimmlischen Dinge erschaffen
sind, so daß eine natürliche Zuneigung und Sympathie seitens
der oberen Welt zur unteren und Respekt und Sehnsucht seitens der unteren
Welt nach der oberen vorhanden ist. Von den letzteren hängt auch die
Neigung der oberen Dinge zu den unteren wie ihre Mitwirkung bei den unteren
ab. |
Et sunt in hoc inferiore mundo adhuc reliquiae
eius materiae, ex qua coelestia & supercoelestia creata sunt, vt sit
superiorismundi ad inferiorem naturalis inclinatio & sympathia, &
inferioris ad superiorem respectus & desiderium, hinc enim & superiorum
ad inferiora prociuitas & cooperatio dependet. |
6.3 Das
Edelste in der oberen Welt ist der Feuerhimmel bzw. das überhimmlische
Gewässer, aus dem - wie ich gezeigt habe -, die Engel erschaffen worden
sind, so daß auch aus den in dieser unteren Welt hiervon bestehenden
Resten eine vernunftbegabte Seele erzeugt werden kann. Und warum sollte
dies nicht möglich sein, da doch aus einem viel gröberen und
unedleren Stoff wie der Erde Gold, das unverderblich ist, hervorgebracht
wird |
Nobilissimum autem quod in superiore est mundo,
est coelum empyreum, siue aquae supercoelestes, ex quo creatos ostendi
Angelos, vt etiam ex huius in hoc inferiori mundo reliquijs, generari possit
anima rationalis; & quid ni possit, cum ex multo crassiore & ignobiliore
materia terrae aurum, quod est incorruptibile generatur. |
6.4 Um wieviel mehr kann
dann die ewige und unsterbliche Seele aus den Resten der überhimmlischen
Gewässer erzeugt werden, um den Engeln gleich zu sein.
Und
der Segen und der Auftrag Gottes zur Zeugung und Vermehrung der Menschengattung
hat die Macht verliehen, aus solchen Resten die Seele hervorzubringen. |
Aeterna igitur & immortalis anima multo
magis ex supercoelestium aquarum reliquijs generari potest, vt similis
Angelis, & benedictio ac mandatum Dei generandum, ac multiplicandam
speciem, potentiam generandi animam ex talibus reliquijs dedit |
So gesehen, gibt es einen "starken" Anteil an Traduzianismus
in den Vorstellungen Gerhard Mercators:
-
Die Wirklichkeit der Einzelseele entsteht beim / im Zeugungsakt, mit /
in dem die Eltern an der göttlichen Schöpfung teilhaben.
-
Ja, der Segen und der Auftrag Gottes zur Zeugung
und Vermehrung ... hat [dem Menschen sogar] die
Macht verliehen, ... [a comitante Spiritu
sancto: unter der Mitwirkung des Heiligen Geistes]
die
Seele hervorzubringen.
.
Bei Origines sind alle Seelen zusammen mit der "oberen
Welt" - d.h. zusammen mit den Engeln - von Gott in actu - in ihrer
vollendeten Wirklichkeit - geschaffen worden: Sie sind in ihrer Individualtät
und Vereinzelung vom Anfang der Schöpfung an existent, - was
dann als ihre Präexistenz vor der Inkorporation in das befruchtete
Ei bezeichnet wurde.Anders dagegen bei Gerhard Mercator: Für
Gerhard
Mercator ist die individuelle Seele allein ihrer Möglichkeit nach,
nicht aber ihrer Wirklichkeit nach zuammen mit dem Stoff / als Stoff der
"oberen" Welt geschaffen worden; für ihn ist das geistige
Substrat [2] einer kommenden Einzelseele von Gott - mit
Immanuel
Kant zu sprechen - nur als die Bedingung der Möglichkeit
der menschlichen Einzelseele in actu geschaffen worden..
.
Die überhimmlischen Wasser als dieses Substrat - von Gott IM ANFANG
geschaffen - sind als eben diese Bedingung der Möglichkeit
der unsterblichen Seele des konkreten Einzelmenschen präexistent.
.
So gesehen, gibt es einen unleugbar präexistentianistischen
- wenngleich "schwachen" und nicht-origenistischen - Anteil in Gerhard
Mercators Lehre von der unsterblichen Seele:
-
Im Akt der Zeugung fügen sich unter der begleitende Mitwirkung
des Heiligen Geistes Reste des überhimmlischen
Wassers, die es nach Mercators Auffassung noch in der sublunaren
Welt gibt, die wesentlich durch das Mixtum der vier Elemente bestimmt ist,
zur unsterblichen Einzelseele zusammen, so daß schon das befruchtete
Ei als imago Dei - als Bild Gottes - zu verstehen ist.
.
So gesehen, gibt es auch einen "schwachen" Einfluß
der kreationistischen Überlegungen in den Gedankengängen Gerhard
Mercators; aber die Mitwirkung des Heiligen Geistes ist allein
eine
begleitende, die Absicht (die Möglichkeit) in ihr Ziel
(die Wirklichkeit) überführende, keine creatio
im Sinne des Neuschöpfens.
.7Die
Wirklichkeit
der Gott-ähnlich-machenden Seele - in
Adam, dem Ersten Menschen,
der Gattung nach begründet - ist nach Gerhard Mercator das
unmittelbare Werk der Ersten Person in Gott:
GEN 27.
Die Existenz der Gott-ähnlich-machenden Seele in einem jeden
einzelnen Menschen ist für Gerhard Mercator dann das
a
comitante Spiritu sancto - unter der Mitwirkung / in Begleitung
der
Dritten Person Gottes - Bewirkte der mit der Schöpfung
in Gang gesetzten "naturhaften" Kausalität der Schöpfungswirklichkeit:
-
So schreitet die Schöpfung voran: Der Schöpfung
folgt die Tätigkeit der Natur auf dem Fuß, und beide wirken
dann gemeinsam bei den übrigen Werken Gottes, und alles naturhafte
Bewirken
in der Erzeugung / Schaffung der Einzelseele - ihr Übergang von der
Möglichkeit
in die Existenz - geschieht unter der Mitwirkung Gottes in
seiner dritten Person, des Heiligen Geistes.
.
7.1 Nach
dieser Ordnung und in dieser Weise ist der Mensch erschaffen worden: |
Creatus autem est homo hoc ordine & modo |
7.2 Gott
hauchte durch Nase und Mund den Lebensodem ein, in dem zweifellos von den
Resten der überhimmlischen Wasser enthalten war. Oder es war
früher schon etwas davon in den Organismus des Körpers eingedrungen,
woraus sich dann am Ende unter der Mitwirkung des Heiligen Geistes die
vernunftbegabte Seele bildete. |
Ita per nares et os flauit spiritum, in quo
haud dubie erat ex reliqijs aquarum supercoelestium, aut prius compage
aliquid earum conceptum erat, ex quo anima rationalis a comitante Spiritu
sancto tandem formata est, |
Anders als z.B. bei Lactantius (vor
250-nach 317) spielen bei Gerhard Mercator die Engel
keine Rolle bei der Schaffung der menschlichen Einzelseele.
.
Es ist im (vollendeten) Kreationismus des Thomas Gott [Vater]
selbst, bei Gerhard Mercator dagegen die Dritte Person des christlichen
Gottes, Gott Heiliger Geist, unter dessen Mitwirkung sich die
vernunftbegabte Seele im einzelnen Menschen bildet, so daß - so
gesehen -
-
auch ein aus dem Glauben abgeleiteter kreationistischer Anteil die
Lehre von der Existenz der menschlichen Einzelseele bei Gerhard Mercator
bestimmt..
.
Mit Paulus möchte man formulieren: Gerhard Mercator
hat alle theologischen Ansichten zur Existenz der unsterblichen Seele des
Menschen geprüft und das jeweils für ihn im Rahmen seiner kosmographischen
Überzeugungen Erforderliche / Beste der seit Jahrhunderten konkurrierenden
Ansichten - in einem für ihn bezeichnenden eklektizistischen Sinne
- behalten.
.
Auf dem Standpunkt seines Schöpfungsoptimismus räumt Gerhard
Mercator der Gattung Mensch in ihrer Sonderheit und letzten Bestimmung
die kausal-mitwirkende Gnade ein:
er billigt ihr die göttlich-verbürgte Gnade
zu,
.
an der Weitergabe der göttlichen Gnade der Ebenbildlichkeit a
comitante Spiritu sancto - in Begleitung des transkategorialen
Wirkens des Heiligen Geistes / unter der Mitwirkung des ausgestaltenden
Schöpferwirkens im Heiligen Geist in der augustinischen Kausalität
eines immateriellen
semen animae - Samens
der Seele - gewissermaßen eines propago
oder tradux aninmae - eines "Setzlings" der
Seele in der Gestalt der quinta essentia - teilzuhaben.
.
Gerhard Mercator lehrt damit nicht nur eine hohe Auffassung
von christlicher Elternschaft - das seit Aristoteles als Hilfskonstruktion
immer wieder herangezogene immaterielle Prinzip der quinta
essentia können wir darüber letztlich vergessen - , mit
seiner schöpfungsoptimistischen Auffassung von der Evolution aus dem
IM ANFANG geschaffenen CHAOS begründet er in augustinischer
Tradition [3] auch das, worum sich die heutige Theologie
angesichts einer vom Evolutionismus geprägten Wissenschaft bemüht:
-
um eine Beschreibung des Anteils der Gattung Mensch am Werden der unsterblichen
menschlichen Seele im Übergang von der philosophischen Substanzontologie
- des klassischen theologischen Scholastizismus (noch) nach Thomas von
Aquin (oder - auch einer nicht theologumen - eines Nicolai Hartmanns)
- zur Struktur- oder Funktionsontologie in der Folge Leibniz- (funktionsontologischer)
Kantischer
(kategorialontologischer) Theoreme.
.
Fassen wir zusammen.
Gerhard Mercators kosmologisch-theologische Überzeugungen
vom Ursprung der menschlichen Einzelseele lassen sich zufolge der von ihm
eingebrachten Anteile sowohl der Auffassung von der Präexistenz der
unsterblichen Menschenseele (Origines; Mercator - materialiter
sumptum - : aus den Resten des überhimmlischen Gewässers: ex
supercoelestium aquarum reliquijs generari possit anima rationalis)
als auch des in Thomas von Aquin vollendeten Kreationismus (Neu-Schöpfung
der Einzelseele durch Gott, den Vater; bei Mercator unter
der Mitwirkung des ausgestaltenden Schöpferwirkens im Heiligen
Geist) eher als "Generatianismus" denn als "Traduzianismus"
(Tertullian) bezeichnen.
Das aber heißt auch, daß Gerhard Mercators Auffassung
nicht unähnlich derjenigen ist, die Karl Rahner in seiner Untersuchung
Quaestiones
Disputate 12, 2.A., Freiburg
1963,
S.82ff., vertritt.
(Mehr davon in meiner Abhandlung imago Dei.)
Das aber heißt - in die heutige Diskussion um den Beginn und
die Würde des menschlichen Lebens hinein gesprochen - , daß
Gerhard
Mercator den ur-christlichen Standpunkt von der unmittelbaren, jeder
Manipulation entzogenen Würde des Menschen vom Beginn seines Lebens
an einnimmt:
Das menschliche Leben erhält seine göttlich-begnadete Würde
im Moment der Vereinigung, der Verschmelzung der Kerne des väterlichen
Samens und des mütterlichen Eies -
mag dieses
momentum (lat. die Bewegung als Kraft, sich
selbst zu bewegen) bis zum Faktum der Kernverschmelzung auch Dauer (duratio)
erfordern.
Allerdings:
Ohne Einnistung des befruchteten Eies im mütterlichen
Uterus (zuweilen auch extrauterin) fehlt die letzte der Bedingungen der
Möglichkeit nicht des Menschseins (ontologisch betrachtet),
sondern der Menschwerdung (axiologisch betrachtet) überhaupt:
-
Handelt es sich bei der Vereinigung von Samen und Ei um die hinreichende
Bedingung der Möglichkeit des Menschseins - des humanums
im ontologische Sinne - ,
-
so ist die schützenden Leiblichkeit der Mutter die notwendige
Bedingung des Menschwerdens und seiner rechtlichen Würde
in axiologischer Bestimmtheit.
Beiderlei Würde bleibt schutzwürdig und aller Mittelbarkeit,
Manipulierbarkeit und Machbarkeit entzogen:
-
die nicht-Annahme der Würde (des ontischen humanums) erster
Art läuft auf ein Tötungsdelikt hinaus,
-
die fehlende Akzeptanz der Würde zweiter Art erleben wir immer wieder
in den verruchten Taten der Un-Menschlichkeit.
Beide sind ihrem Grunde nach unantastbar bis an das natürliche Ende
des leiblichen Lebens eines jeden Menschen - bis zum humanen Absterben
der lebendig-machenden Seele.
Die Quelle des Menschseins - die Begnadung
des Menschen IM ANFANG (in principio sui) durch eine individuelle unsterbliche
Seele -
darin ist der Mensch seiner Gattung wie seiner individuellen
Existenz nach imago dei, das funktionsontologische
(nicht ein substanzontologisches) Ab-Bild des DreiEinen Gottes
ist in ihrer ontologischen Bestimmtheit nicht
identisch mit der
axiologischen Bestimmtheit des Menschen in seiner
Menschwerdung in Selbst-Wert und Selbst-Achtung,Werten der selbst-bewußten
Persönlichkeit
- nicht der Person, die allen ethischen wie gnoseologischen Relationen
des Menschen subsistiert: |
Kosmographische Gedanken II, 17:
Nun aber sieh [- lieber Leser - ], welches die
Gaben
des Heiligen Geistes oder Gottes in dieser [unsterblichen]
Seele sind: es sind
Ein Standpunkt, eines jeden gläubigen Menschen, erst recht
aber eines jeden Christen würdig.
|
.
Über den Menschen als imago dei nach der
Auffassung Gerhard Mercators handle ich an anderer Stelle (CD).
|