Rupelmonde 1512 - 1527/?28
Im Winter der Jahre 1511/12 zogen der Schuhmacher Hubert Cremer (Kremer) und seine Frau Emerantia, geb. Rademekers, von Gangelt, in dem 1511 mit dem Herzogtum Kleve-Mark vereinigten Herzogtum Jülich-Berg-Ravensberg, heute nahe der deutsch-niederländischen Grenze in der Selfkant gelegen, an die Schelde nach Ostflandern zum Onkel Huberts, Gisbert (de) Cremer(e) (Kremer), der als Geistlicher in Rupelmonde bei Sankt Niklaas im "nachdenklichen Land der geistlichen Lehrer und Humanisten" (K.Brandi) lebte. 

Am 5. März 1512 wurde dort gegen 5 Uhr morgens Gheert Kremer (flämisch: de Cremer[e]) geboren, der sich am 29. August 1530 unter dem Rektor Petrus Curtius als Gerardus Mercator de Repelmunda in das Matrikelbuch der Katholischen Universität Löwen eintrug und als mittelloser ("armer" = (lat.:) pauper) Scholar dem Pädagogium./. der Burse Castri (Zur Burg) der Artistenfakultät überstellt wurde. 

Vermutlich wurde der aufgeweckte Gheert vom Oheim Gisbert schon früh in die Anfänge des Lateinischen eingeführt. 

Daß die Familie nach der Geburt Gerhards womöglich noch einmal in die angestammte Heimat des Jülichen zurückgekehrt ist, wird u.a. mit der Bemerkung aus der Widmung der Tabulae Galliae et Germaniae1585 belegt: "In terra Juliacensi ... conceptus primisque annis educatus sum", im Jülicher Land ... bin ich empfangen und in den ersten Jahren erzogen worden.

Nach van Raemdonck war Gerhard der Jüngste unter ?sieben Geschwistern (de) Cremer(e). 

Wir treffen jedenfalls die Familie (Hubert, Emerentia, ..., Gerhard) um 1517/1518  bis 1526/?1528 in Rupelmonde an, wo zu dieser Zeit die Geschwister Kremer ihre Eltern verloren - vermutlich ?1526/1527 den Vater,?1528 die Mutter.


Zur Burg
In den Bursen (bursae) lebten die Studenten unter der Aufsicht eines Vorstehers (magister regens bursam) und  mußten unter der Anleitung des Gehilfen des Regens (conventor) einen gehörigen Teil ihrer Übungen machen. Wenn mit einer Burse eine Stiftung für arme Studenten bzgl. Unterhalt, Bücher und Kleidung verbunden war, so wurde sie häufig collegia genannt, manchmal auch codria. Galten an einer Universität die statuta antiqua - die 'alten' Regeln - , so bedurfte es einer schriftlichen Erlaubnis des Dekans, wollte ein Student außerhalb einer Burse leben. 
Anfänge
Nicholas Crane Mercator - The Man who mapped the Planet 2002 stellt - ?zufolge Martin Achten Gerhard Mercator - Sein Leben und Wirken Gangelt o.J. (Ende) 1994 - nur Vermutungen in den Raum. 
Walter Ghim meldet uns 1595: "Cumque pueritiam egressus esset primaque rudimenta Latinae linguae in patria utcumque didicisset ..."- (Und) als er die Kindheit hinter sich gebracht und erste - noch rohe - Kenntnisse des Lateinischen in seiner Heimat wie auch immer erworben hatte, schickte ihn sein Oheim nach Herzogenbusch - das aber geschah 1527, als Gerhard 15 Jahre alt war. 
Vermutlich schreibt Crane Achten aus, der sich auf Mercators Bemerkungen in der Widmung der Tabulae von 1585 stützt und aus dem educatus der Widmung - wie schon Heinrich Averdunk Gerhard Mercator 1914 - ableitet, daß Gerhard Mercator (womöglich) die Anfänge des Lateinischen noch in der Lateinschule Gangelts erworben habe - was ich aber für sehr unwahrscheinlich halte: der kleine Gerhard müßte denn schon als Vier- oder Fünfjähriger Aufnahme in die Lateinschule gefunden haben.
Watelet  73ff.beruft sich im Wesentlichen auf De Smet 1962, Van Houtte 196[2]3 - und Van Raemdonck (!) 1869
Die von Crane herangezogenen soziographischen Untersuchungen liefern interessante Belege und Interpretationshorizonte zu den Umständen um 1512; aber ihre Daten sind zugegebenermaßen - wovon Crane nirgends spricht - mit sehr großen Unschärfen behaftet. 
Daß die beiden ältesten Brüder Gerhards in die Fußstapfen des Geistlichen Onkels Gisbert getreten seien, ist - so scheint mir - Crane's reine Erfindung. 
Wie überhaupt vieles bei ihm erfindungsreich und bezüglich dargestellt ist: ... bis zum magister artium - vermutlich, indem er Watelet (z.B. 415) u.A. ausschreibt. (Vgl. meine Untersuchung ?magister artium. CD)

zurückgekehrt
Es stellt sich mir immer noch die Frage: Warum ist | soll die Familie mit - unterstellen wir einmal mit Van Raemdonck - sechs Kindern unmittelbar vor der Geburt Gerhards nach Rupelnonde und mit dem Neugeborenen umittelbar nach der Geburt wieder nach Gangelt gezogen sein, ?um sich 5/6 Jahre später in Rupelmonde fest niederzulassen? 
Gerhard Mercator schreibt in seinem Brief vom 23. März 1582 davon, daß seine Eltern in der Zeit kurz vor seiner Geburt nach Rupelmonde in Flandern - aus dem Städtchen Gangelt, im Jülichen gelegen - zugewandert seien (commigrarant: com-migrare, zuwandern -, hinwandern -, auswandern nach), - und hier erinnert sich ein 70Jähriger. 
Sind die Kremers also wirklich noch einmal nach Gangelt zurückgekehrt? 
Wenn es aber die Rückkehr nach Gangelt - und die Wiederkehr nach Rupelmonde - (wirklich) gegeben hat - an dieser Version halten H.Averdunk 1914 und spätere Autoren fest -, dann steht zu vermuten, daß die Familie Kremer z.Z.des Hin und Her keine "Großfamilie" gewesen ist (und sieben bzw. acht Köpfe zählte), - wie auch heute noch da und dort (Van Raemdonck) nacherzählt wird.
Folgt man Van Raemdonck, übernahm Hubrecht (Hubert) de Cremere (Kremer) (?spätestens) 1517/1518 in Rupelmonde ein Haus in der (damaligen) Brouckstraet. Daß erst nach etwa sechs Jahren teilweise die Belastungen auf das betreffende Haus und den Grund von Hubert Kremer ausgelöst worden sind, macht den Zuzug der Familie nach Rupelmonde (im Anschluß an Averdunk 176 oder Achten) wahrscheinlich - wenngleich durchaus nicht zwingend.
Daß der Oheim die von Jacob Kritzraedt annotierte "berühmte [Latein-]Schule in Gangelt" besucht und später in Löwen Theologie studiert haben mag - die (unvollständige) Matrikel Löwens kennt ihn nicht - liegt durchaus im Bereich des Möglichen. 
Die von Achten 5 geäußerte Vermutung aber, "Der Oheim wird wohl aus eigener positiver Erfahrung heraus diese Schule auch seinen [Groß]Neffen empfohlen haben", bleibt mindestens schon aus Gründen des Alters (Gerhard war | wäre beim Wegzug aus Gangelt 5 bis 6 Jahre alt | gewesen) in der Schwebe; natürlich ebenso die | meine Vermutung, der geistliche Oheim habe den ?aufgeweckten Großneffen Gerhard die lateinischen Anfangsgründe in Rupelmonde gelehrt.

Geschwistern
Über die Geschwister Kremer wird wenig bis nichts (von Gerhard Mercator selbst) vermeldet. 
Van Raemdonck zählt in seiner Mercator-Genealogie sieben Kinder auf. Daß es gewiß mehrere gewesen sind, bezeugt eine Brief-Nachricht Gerhard Mercators, die davon spricht, daß sein Vater auf einem Zettel omnium prolium suarum nativitatem annotavit: die Geburtsdaten all seiner Kinder verzeichnet habe. Von zwei Brüdern Gerhards scheinen wir denn auch Nachrichten zu haben: 
In der Geschichte von Schinveld (Geschiedenis van Schinveld) des J.H.W.Bosch scheint sein Bruder Jan vorzukommen: In der Geschiedenis kommt für das Jahr 1571 die Nachricht vor: "In 1571 is Jan Kremer schepen und Stadthouder op et Huis Heyenhove to Schinveld. Hij is een [!] broer van Gerard Kremer, die zijn naam verlatijnst had tot 'Gerardus Mercator', de wereld beroemde Carthograaf en vervaardiger van de erste zeekart, gestorven in 1594" (Achten 33).

Von einem Matthäus de Cremer(e) ist 1560 die Rede, der zu diesem Zeitpunkt eine Hofstatt des Oheims in Rupelmonde übernommen zu haben scheint (Averdunk 2).

Van Raemdonck läßt beide in Rupelmonde (!) geboren sein. 
Averdunk untersucht - wie er bedauernd sagt: 15 Jahre nach Van Raemdoncks Tod - kritisch dessen Ausführungen und Ableitungen in Gérard Mercator, sa vie ses oeuvres (1869) 316ff, die ganz - mit Hegel zu sprechen - in die Farben Flanderns eingefärbt sind, in seiner Mercator-Biographie 1914 und rückt so manches wieder zurecht, so daß Van Houtte in seinem Akademie-Vortrag 1962 zu bemerken weiß, daß Averdunk 172ff  "de waghalzige bewijsvoering J.Van Raemdoncks" durchaus widerlege.