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Alle azimutalen Kartenprojektionen mit einem Pol als Kartenmittelpunkt,
haben Abbildungsbeziehungen der folgenden Art:
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Die Zylinderabbildungen
von Lambert und Mercator haben wiederum eine gemeinsame Struktur:
(a) der Kugelmasche mit den Seiten R·cos(j)·dl und R·dj zu entsprechen (Ähnlichkeit im Kleinen, daher die Differentiale), so daß (b) die Diagonale der Kugelmasche ('Loxodrome' genannt) in die betreffende gerade Diagonale der planen Masche übergeht. Das aber heißt: Mit dy = R·df(j) und dx = R·dl folgt daraus die Differentialgleichung für f: Ihre Integration liefert - die Integrationskonstante C sei so gewählt, daß j = 0 Þ y = R·f(j) = 0 -
. . Wird die Forderung nach einem Entwurf mit zwei abweitungstreuen Breitenkreisen gestellt - +j0 und -j0 seien die betreffenden Breiten - , so folgt: |
.
Das Ungenügen der Platt- oder Marinus-Karte stellte sich in dem Augenblick heraus, da die Portolankarten des Mittelmeeres, der englischen und atlantischen Küsten nicht mehr zureichten, da man sich zu Entdeckungsreisen auf die hohe See hinaus begab. Ganz deutlich formulierte Martim Afonso de Sousa 1533
die Probleme der quadratischen Plattkarten, als er von einer Südamerikafahrt
(1530-1532) nach Lissabon zurückkehrte:
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Der folgende Ausschnitt versucht das Plattkarten-Problem klarzustellen:
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Kopiert man maßstabgleiche Marinus- und Mercator-Karten
über einander, sieht man sofort, warum Martim die Einfahrt
zum Rio de la Plata verfehlen mußte:
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Zweimal trug Pedro Nunes - königlicher Kosmograph und Universitätsmathematiker
zu Coimbra - den Kapitänen und Kosmographen in Lissabon die betreffenden
Theorien vor,
Stellen wir uns also die nächsten Fragen:
Was sind Marinus-Karten? |
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Entstanden sind sie "ganz einfach" so: Marinus "wickelte" die Oikumene auf einen die Weltkugel im Äquator berührenden Zylinder längentreu ab. Und er konstruierte damit die erste "abstandstreue quadratische Plattkarte mit längentreuem Äquator". |
Der schon im Klima von Rhodos - der Mittelmeer-Zone - auftretenden Verzerrungen wegen, soll er - nach Ptolemäus - sogleich eine zweite Karte konstruiert haben: |
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Was dem Äquator billig ist, das ist dem Breitenkreis von Rhodos teuer: |
Klicken Sie das Bild an (64 kB). |
Marinus ließ den abbildenden Zylinder durch die Breite
von Rhodos gehen, milderte damit die dort aufgetretenen Verzerrungen ab
und erhielt eine rechteckige Plattkarte mit einem Längen- / Breitenverhältnis
von 5:4, denn der Cosinus von 36° ist ungefähr 0.8 (= cos(36°)).
Daß die quadratische Plattkarte - rechteckige sind im 16.Jahrhundert äußerst selten - zur Seekarte wurde, konnte Marinus natürlich nicht ahnen, zumal Ptolemäus an ihr heftige Kritik geübt hatte:
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Als Kegelabbildung stellt sie einen Sonderfall dar und gehört
- mathematisch betrachtet - in eine Reihe mit den Entwürfen von Stab-Werner/Bonne,
Finaeus/Mercator
und Sanson/Flamsteed. - Das aber soll uns hier nicht weiter
interessieren.
Die Mängel der Plattkarte führten Gerhard Mercator
schon in den Jahren nach der Konstruktion seines Erdglobus
(1541) zu intensiven Nachfragen. 1546
brachte er die Fehler der Karte in Zusammenhang mit der Nichtbeachtung
der ja schon seit langem bekannten magnetischen Mißweisung des Kompaß.
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Aber so richtig fand er sich mit dem doch mehr systematischen Fehler der Projektionsart des Marinus nicht zu recht. Eine Abbildung der Erde zu finden, die seine '41er Loxodromen - von ihm directiones = Richtungen genannt - in Geraden der Ebene überführt, stellte sich trotz Nunes und Mercator-Globus als recht schwierig heraus. |
Da er sich schon bei den Löwener Vorbereitungen für eine
- epochen-machende - Europakarte intensiv mit der Geographie
des Ptolemäus beschäftigt und inzwischen auch alle möglichen
Entdecker-Berichte mit den dazugehörigen Seefahrtenhandbücher
in Abschriften zur Kenntnis genommen hatte, leuchtete ihm allmählich
das Prinzip einer "seefahrtstauglichen"
Plattkarte ein: Marinus hatte rigoros alle Breitenkreise und damit alle Längenkreisabschritte auf die Dimensionen des Äquators gebracht, aber - im Grunde - "vergessen", die Breitenabstände diesen Verhältnissen anzupassen. |
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Die quadratische Marinuskarte besaß nur einen einzigen abweitungstreuen
Breitenkreis, - den Äquator; die rechteckige Plattkarte hatte deren
zwei: 36°N. 36°S.
Die alles entscheidende Frage lautete:
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Da Gerhard Mercator sich in gehörigen Vorbereitungen für
ein Lehramt in Kosmographie - mindestens an der Lateinschule zu Duisburg
- auch wieder mit den ersten Büchern des Euklid beschäftigte,
fielen ihm - dank der Hinweise
1. Wie wäre es, wenn man die Konstruktion des Marinus, die ja schon zu einem Breiten-Längen-Verhältnis von 5:4 , also zu einer relativen Vergrößerung der Breitenabstände bei einer entsprechenden Verkleinerung der Äquatordistanzen - wenn auch zu einer überall gleichgroßen - geführt hatte, Breite für Breite wiederholen würde? |
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Wie würde das für die Rhodos-Karte aussehen?
In der Sprache der Mathematik:
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Wie würde das für eine Oslo-Karte aussehen?
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Schauen wir uns die Dinge prinzipiell an.
Reduzieren wir die Komplexität, d.h. reduzieren wir den Schnitt auf das Wesentliche:
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1. Der 4. Lehrsatz
im VI. Buche der Elemente von Euklid lautet:
In winkelgleichen Dreiecken stehen die Seiten um gleiche Winkel in Proportion, undzwar entsprechen einander die, die gleichen Winkeln gegenüber liegen. |
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2. Da die beiden Dreiecke MDE und EFG "nahezu" ähnlich
sind - der Winkelfehler beträgt gerade einmal a/2
- , gilt in ihnen der Lehrsatz näherunsgweise.
Aus der betreffenden Proportion folgt :
In den Worten Gerhard Mercators lautet die Lösung: |
Da wir den Fehler der Plattkarte bedacht haben,
gradus latitudinum versus utrumque polum paulatim auximus pro incremento parallelorum supra rationem quam habent ad aequinoctialem. |
haben wir die Breitengrade [Breitengradabstände EF]
allmählich in dem Maße vergrößert [· (ME/MD)] wie die Längengradr [Längengradabstände] in ihrem Verhältnis [MD/ME] zum Äquator[abschnitt] zunehmen. |
Zu diesen Überlegungen sind allein die Kenntnisse der euklidischen Ähnlichkeitslehre vonnöten: BUCH VI, LEHRSATZ 4.
Gerhard Mercator brauchte den Fehler a/2 nur "hinreichend" klein zu machen, z.B. ein halbes Grad groß, um in die Gegend von Zeichenfehlern zu kommen. |
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Die Rekonstruktion des Baseler Exemplars zeigt:
l°-Schritte bei einem Kreis = Kugelradius von 315 mm unter Anwendung der "Mittelbreitenmethode" der Seeleute führen auf die Weltkarte von 1569 in einer wünschenswerten Übereinstimmung. Die Zeichenfehler liegen i.a. unter 0.2 mm, die Übereinstimmung der betreffenden Folgen Original : Rekonstruktion beläuft sich auf 0.9997. Eine Anleitung zur Rekonstruktion des Gradnetzes einer Mercator-Karte in kleinerem Maßstab - man muß ja nicht gleich meine Rekonstruktion mit originalen 315 mmm wiederholen - habe ich vorbereitet. |